Das Zeitalter der Landwirtschaft

Die Entstehung der Landwirtschaft

Vor 13.000 Jahren, als die Eiszeit zu Ende ging, führte der Anbau wilder Pflanzen zur Entstehung der Landwirtschaft. Die Gründe hierfür sind immer noch ein Rätsel: Jäger und Sammler waren oft besser ernährt als Bauern und mussten deutlich weniger Zeit in die Nahrungsbeschaffung investieren. Einmal entstanden, kann die  Landwirtschaft aber weit mehr Menschen ernähren. Wohl deshalb setzte sie sich im Laufe der Zeit in weiten Teilen der Erde durch und wurde zur Lebensgrundlage der Menschheit.

Zeichnung, die gezüchteten Mais im Vergleich zur Wildform zeigt

Im Laufe der Jahrtausende entstanden durch die Förderung von Merkmalen, die dem Menschen nützlich waren, aus Wildpflanzen die heutigen Kulturpflanzen. Hier sind die Veränderungen am Beispiel der Teosinte und dem daraus entstandenen Mais dargestellt. Mais wurde zuerst im Hochland von Mexiko angebaut (mehr). Abb. von Nicolle Rager Fuller, zur Verfügung gestellt von der National Science Foundation (USA).

Den größten Teil unserer Geschichte lebten wir moderne Menschen (Homo sapiens) als Wildbeuter; also als Fischer, Jäger und Sammler von Tieren und Pflanzen, die ohne menschliches Zutun wuchsen. Wenn die 300.000 Jahre des Homo sapiens eine Stunde wären, hätten wir fast 58 Minuten lang so gelebt; und in dieser Zeit haben wir uns von Ostafrika über Europa und Asien bis Australien und Nordamerika ausgebreitet. Heute noch lebende Wildbeuter sind hervorragende Kenner des Verhaltens von Tieren und der nutz­baren Eigenschaften von Pflanzen; und das dürfte bei unseren Vorfahren kaum anders ge­wesen sein – es dürfte ihnen kaum entgangen sein, wie Pflanzen sich vermehrten. In den Regionen, in denen unserer Vorfahren in klimatisch günstigen Zeiten aufgrund reichlicher Nahrung sesshaft geworden sind, dürften sie wichtige Pflanzen gelegentlich auch ausge­sät und in trockenen Zeiten gegossen haben. Der Anbau wilder Pflanzen, die Kultivierung, gilt Archäologen als Vorstufe des Garten- und Ackerbaus und der Landwirtschaft, die ältesten archäologischen Spuren davon sind 18.000 Jahre alt.

Vor über 13.000 Jahren begannen unsere Vorfahren aber, ihre Lebensweise zu ändern – zu­erst allmählich und nur in einzelnen Regionen begannen sie, "echten" Ackerbau zu treiben – das heißt, wilde Pflanzen nicht nur anzubauen, sondern diese auch zu züchten (zu do­mes­ti­zieren); und kurz darauf auch die ersten Tiere. Diese Entwicklung sollte den Alltag der meisten Menschen tief greifend verändern – nicht nur lebt die heutige Menschheit zum aller­größten Teil von Pflanzen, die unsere Vorfahren domestizierten – Weizen, Reis, Mais, Kartoffeln, Hirse und Gerste –, sondern auch die Entstehung von Städten und Staaten wäre ohne die Landwirtschaft undenkbar. Deshalb wird ihre Entstehung auch "landwirtschaft­liche Revolution" genannt. Aber was die Menschen zu dieser Veränderung getrieben hat, ist immer noch ein Rätsel: Jäger- und Sammler hatten nämlich ein wesentlich besseres Leben als die frühen Bauern (006). Sie mussten deutlich weniger arbeiten, waren besser ernährt, litten weniger unter Krankheiten und lebten länger. Der Autor Tom Standage (008) berichtet von einem San-Buschmann, der einem Anthropologen auf die Frage nach dem Ackerbau antwortete: "Warum sollen wir pflanzen, wenn es so viele Mongongonüsse auf der Welt gibt?" (Mongongonüsse machen etwa die Hälfte der Nahrung der San aus.) Irgend etwas muss aber die Menschen dazu gebracht haben könnte, wertvolle Körner für die spätere Aussaat aufzuheben, anstatt sie sofort zu essen.

Wie über die vorhergehende Zeit der Geschichte des Homo sapiens gibt es auch über die Entstehung der Landwirtschaft keine schriftlichen Überlieferungen. Unser Wissen besteht daher zum größten Teil aus Vermutungen, die wir aus den Funden von Archäologen ab­lei­ten. Über die Gründe können wir – wie über die geistige Welt des frühen Homo sapiens – nur spekulieren. Die vielen Hypothesen lassen sich in zwei große Gruppen einteilen: Die einen glauben, dass die Landwirtschaft aus der Not heraus entstanden ist, als mit dem wärmeren Klima nach dem Ende der Eiszeiten die großen Herden von Pflanzenfressern aus­blieben. Landwirtschaft ist zwar arbeitsintensiver, erlaubte aber, auf einer gegebenen Fläche mehr Menschen zu ernähren. Andere glauben dagegen, dass unsere Vorfahren in eine Art Luxusfalle gelaufen sind: eine wachsende Bevölkerung habe dazu geführt, dass der Aufwand des Jagens und Sammelns stieg, und unter diesen Bedingungen die Landwirt­schaft attraktiver schien – und als die Folgen der Abhängigkeit von wenigen Pflanzen er­kenn­bar wurden, lebten so viele Menschen, dass eine Umkehr nicht mehr möglich war. Viel­leicht steckten aber auch gar keine materiellen, sondern religiöse oder soziale Gründe hinter der Erfindung der Landwirtschaft. Bereits die Jäger und Sammler errichteten nämlich riesige Kultanlagen wie am Göbekli Tepe, die auf eine hochentwickelte Religion hindeuten – und für die Nahrung verlässlich zur Verfügung stehen musste. Ist es ein Zufall, dass das Einkorn, ein Vorfahre des Weizens, seinen Ursprung nur dreißig Kilometer hiervon ent­fernt hat? Da die Landwirtschaft an mehreren Orten und zu verschiedenen Zeiten unab­hängig voneinander entstanden ist (012), könnten in unterschiedlichen Gebieten auch unter­schiedliche Faktoren eine Rolle gespielt haben.

Die Erfindung von Ackerbau und Tierhaltung ...

... aus der Not heraus

Als vor 15.000 Jahren die Eiszeiten langsam zu Ende gingen und die Temperaturen wieder stiegen, veränderte sich die Erde. Auch außerhalb der Tropen wuchsen wieder Wälder; in Europa etwa breiteten sich Birken und Kiefern aus. Damit wurden die großen Herden von Pflanzenfressern aber selten; veränderte Steinwerkzeuge – die kleinen "Mikrolithen" – und Reste in Abfallhaufen zeigen, dass die Menschen hier jetzt eher von kleinen Tieren wie Vögeln, Fischen und Muscheln lebten. Aber nicht überall auf der Erde entstanden Wälder: zwischen den gemäßigten Klimazonen und den Tropen entstanden parkartige Baumland­schaften, unter denen reichlich Grasland bestehen blieb. Ein Beispiel hierfür ist die Levante östlich des Mittelmeeres: Hier entstanden mit regelmäßigen Winterregen lockere Eichen-Pistazienwälder, unter und zwischen denen sich etwa die aus Nordafrika stammenden Wild­formen von Roggen und Weizen sowie Hülsenfrüchte ansiedelten (014). Gazellen fanden hier reich­lich Weidefläche. Autoren wie David Montgomery (016) spekulieren gar, dass die biblische Beschreibung des Garten Eden auf Überlieferungen aus dieser Zeit zurückgehen könnte. Auf jeden Fall waren die Bedingungen so angenehm, dass die Menschen in der Region ihre frühere nomadische Lebensweise aufgaben und sesshaft wurden. Auch die Zahl der Menschen (die "Bevölkerung") nahm zu. Offensichtlich finden die Menschen auch an, Vorräte anzulegen (die Früchte der Gräser und die Hülsenfrüche standen zwar reichlich zur Verfügung, wuchsen aber nicht das ganze Jahr über).

Aber als vor knapp 13.000 Jahren die Kaltphase der Jüngeren Dryas einsetzte, waren die guten Zeiten zunächst einmal vorbei: die Wälder zogen sich in die Gebirge zurück, die wil­den Gräser und Hülsenfrüchte wurden seltener. In dieser Situation könnten die Menschen – so die Verfechter der "aus-der-Not-Hypothese" – der Natur durch verstärkte Aussaat nach­geholfen haben. Die Auswertung von Nahrungsresten aus der (120 Kilometer östlich vom heutigen Aleppo [Syrien] liegenden) Siedlung Abu Hureyra legt nahe, dass die Menschen dort bereits vor 13.000 Jahren mit Roggen und Weizen verwandte Gräser angebaut haben. Da sie auch bemerkt haben dürften, dass die Pflanzen dort am besten keimten, wo der Boden zuvor von störendem Bewuchs gesäubert wurde, haben sie die Flächen wohl auch ent­sprechend vorbereitet – vor 12.000 bis 11.000 Jahren wurde die Hacke erfunden. Pollen­analysen aus Abu Hureyra zeigen einen zunehmenden Anteil trockenheitsanfälliger Acker­wildkräuter – ein weiterer Hinweis auf Ackerbau.

Abu Hureyra liegt im "fruchtbaren Halbmond", dem vorderasiatischen Entstehungs­gebiet der Landwirtschaft. Dieses stand nicht allein: Auch in China wurden am Yangzi Hinweise auf den Anbau von wildem Reis zur Zeit der Jüngeren Dryas gefunden. Als das Klima sich mit dem Ende der Kaltphase wieder verbesserte und der Winterregen zurück­kehrte, endete der Anbau nicht etwa wieder, sondern neue Pflanzen kamen hinzu: vor 11.500 Jahren wurden in der Levante auch Gerste, Kichererbsen und Saubohnen angebaut. Die Dörfer des Natufien wurden größer (020) und erlebten eine Blütezeit. Das Vertrauen in die Natur, das Jäger und Sammler ausgezeichnet hatte und wohl auch die Bewohner der Dörfer in der Levante vor der Jüngeren Dryas, scheint aber zurückgegangen zu sein: in der Levante wurden jetzt Kornspeicher errichtet, die bis zu 10 Tonnen Getreide aufnehmen konnten.

(Wie der Übergang vom Anbau wilder Pflanzen zur "echten" Landwirtschaft ausgesehen haben könnte, steht weiter unten auf dieser Seite.)

... als "Luxusfalle"

Auch die Anhänger dieser Hypothese (022) gehen von den idealen Wachstumsbedingungen der Gräser nach dem Ende der Eiszeiten aus. Das habe dazu geführt, dass die Menschen sesshaft geworden seinen – und die Sesshaftigkeit habe zu einem Bevölkerungszuwachs geführt. Die Frauen nomadischer Wildbeuter bekamen höchstens alle drei bis vier Jahre ein Kind – mehr Kinder wären auf den Wanderungen einfach zu hinderlich gewesen. Sesshafte Frauen konnten jedes Jahr ein Kind bekommen – und die konnten sich beim Körnersammeln nützlich machen. Das Anwachsen der Bevölkerung ließ aber ihre Ernährung durch Fischen, Jagen und Sammeln immer schwieriger werden ließ, zumal das Einzugsgebiet nicht beliebig vergrößert werden kann – sei es aus Gründen der Entfernung von den Siedlungen, sei es, weil benachbarte Gebiete bereits besiedelt waren. So begannen die Bewohner, Körner aus­zustreuen und die Pflanzen zu hegen – was mehr Arbeit machte, aber den Ertrag steigerte.

Wenn die Landwirtschaft aus der Not entstanden ist, braucht man nicht nach den Gründen zu fragen. Wenn der Mensch sich aber selber in diese Lage manövriert hat, stellt sich die Frage, warum er nicht einfach wieder mit der Landwirtschaft aufhörte, als er entdeckte, das das Leben mit ihr nicht besser, sondern schwerer wurde. Die Antwort ist vermutlich: er hat es nie gemerkt. Vom ersten Anbau wilder Pflanzen bis zur Entstehung "echter" Land­wirt­schaft vergingen viele Hundert Jahre, die Veränderungen von einer Generation zur anderen waren also so winzig, dass sie niemandem auffielen. Und selbst wenn es irgend­wann jemand gemerkt hätte: War die Bevölkerung erst einmal angestiegen, gab es ohnehin kein Zurück mehr – Jäger und Sammler mögen besser gelebt haben, aber so viele Menschen konnten sie nicht ernähren.

... aufgrund sozialer oder religiöser Gründe

Soziale oder religiöse Gründe für die Entstehung der Landwirtschaft sind naturgemäß noch spekulativer als materielle Ursachen: Kalorien kann man zählen, demographische Daten ab­schätzen und beides zu Modellen verbinden, aber über das Denken der früherer Menschen wissen wir nichts, bevor schriftliche Überlieferungen begannen. Aber im nördlichen Meso­potamien, im heutigen Südostanatolien, wurde 1995 am Hügel Göbekli Tepe die älteste bekannte Monumentalbauwerk der Welt entdeckt; und diese wurde allen Anzeichen nach von Jägern und Sammlern – und nicht von Ackerbauern – errichtet. In der Anlage standen über 200 gewaltige, bis zu sechs Meter hohe und bis zu 20 Tonnen schwere, mit Reliefs verzierte Säulen. Über den Zweck der Anlage wird bis heute spekuliert – die einen halten es für einen Tempel einer untergegangenen Religion, andere für eine Festplatz (eine Art "stein­zeitlicher Nachtclub", 026). Sicher ist nur eins: Das Bauwerk wurde von einer Kultur errich­tet, die einen ausreichenden Energieüberschuss erwirtschaftet hatte, um sich die Arbeit, die in ihm steckte, leisten zu können. Energie hieß in der Zeit vor allem Nahrung. Um die Menschen zu ernähren, die so eine Anlage gebaut haben, waren gewaltige Mengen an Nahrung nötig. Kann es ein Zufall sein, dass das Einkorn, ein Vorfahre des Wei­zens, von nahegelegenen Vulkan Karacadağ stammt? Oder begann der Anbau, um die Er­bauer des Tempels zu versorgen? Wir wissen es nicht. Die Ernährung einer Vielzahl von Arbeitskräften könnte aber auch die Tierhaltung erklären: Mit Tieren im Gatter war man weniger vom Jagdglück abhängig. Und Fleisch gab es auf jeden Fall: bei den Ausgrabungen am Göbekli Tepe kamen Berge an Tierknochen zum Vorschein.

Bei Getreide muss man zudem nicht nur an Brot, sondern kann auch an Bier denken: Der Biologe Josef Reichholf hat in einem Buch die These aufgegriffen, dass Getreide ursprüng­lich für die Herstellung von Bier kultiviert worden sein könnte. Die Herstellung von Brot wäre demnach eine spätere Abwandlung des Brauprozesses – der Teig wurde gebacken und nicht wie zur Herstellung von Bier nach Beginn des Gärprozesses weiter durchfeuchtet. Auch Bier könnte Arbeiter ernährt haben; oder mit ein paar gegrillten Schafe und Ziegen aus dem Gatter Teil eines Festessens gewesen sein: auch der Wunsch, seine Gemeinschaft zu be­ein­drucken, könnte hinter der Entstehung der Landwirtschaft stehen.

(Nicht unbedingt zum Thema gehörig, aber zu interessant, um es nicht zu erzählen: Unge­fähr 2.000 Jahre nach seiner Errichtung wurden die Gänge und Kammern des Monumental­baus von Göbekli Tepe systematisch mit Geröll und Sand aufgefüllt, bis die ganze Anlage zu einem unscheinbaren Hügel wurde, der wenige Jahre später von Vegetation überwuchert war. Auch diese Zerstörung hat erhebliche Arbeit gekostet, weder Urheber noch Gründe sind bekannt.)

Wie Kulturpflanzen und Nutztiere entstanden

Kulturpflanzen

Als die Menschen begannen, Wildpflanzen anzubauen, begannen sie unwissentlich, diese zu verändern. Auch Pflanzen einer Art sind ja nicht völlig identisch. So gibt es etwa bei den Gräsern Pflanzen, bei den die Körner ein wenig größer sind als bei anderen, und andere, bei denen die reifen Körner etwas länger an der Pflanze blieben. Für die Menschen war dieses wichtig: reife Körner ließen sich lagern, während unreife Körner leicht verschimmelten; reife Körner fielen aber normalerweise schnell zu Boden (wo sie bei nächster Gelegenheit keimen konnten). Menschen suchten also reife Körner, und sammelten automatisch mehr Körner von solchen Pflanzen, bei denen diese länger an der Pflanze blieben – einfach, weil sie diese Körner nicht mühsam vom Boden aufsammeln mussten. Als der Mensch die gesammelten Körner dann auch aussäte, wurde er zur selektiven Kraft (mehr zur Selektion, einer treiben­den Kraft der Evolution hier): Was für die Pflanze in der freien Natur nachteilig war – ihre Samen wurden langsamer, bei sogenannten "bruchsicheren Sorten" sogar gar nicht mehr verstreut -, wurde jetzt zum Vorteil: der Mensch sammelte solche Pflanzen und sicherte ihre Vermehrung. Es begann etwas, was die Biologen disruptive (trennende) Selektion nennen: Für die Wildpflanzen war es weiterhin von Vorteil, ihre Körner schnell zu verstreu­en, bei den vom Menschen angebauten Pflanzen war es besser, wenn die Körner lange an der Pflanze verblieben. Bei ihnen lösten die Interessen des Menschen –  leichte Aussaat, leichte Ernte und höherer Ertrag – die natürliche Selektion ab. Im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende entstanden so Kulturpflanzen, die alleine in freier Natur gar nicht mehr überleben können, sondern von menschlicher Pflege abhingen.

Das war sicher kein leichter Prozess: Auch wenn die ersten Kulturpflanzen oftmals Selbst­bestäuber sind (die Bestäubung der weiblichen Blütenteile erfolgt durch Blütenstaub dersel­ben Pflanze), wurden Zuchtpflanzen auch immer wieder durch Wildpflanzen bestäubt, und diese Rückkreuzungen machten Zuchterfolge leicht wieder zunichte. Aber die Geschichte zeigt, dass die Domestizierung dennoch gelang. Ein besonders drastisches Beispiel für die Veränderungen, zu denen sie führte, ist der zuerst in Amerika angebaute Mais: Beim wilden Vorläufer, der Teosinte, sind die Körner von harten Schalen (Spelzen) umgeben, mit deren Hilfe sie im Verdauungstrakt von Tieren überleben. Die frühen amerikanischen Ackerbauern förderten solche Mutanten, bei denen die Spelzen verkümmert waren, und solche, bei denen die Pflanzen nicht verzweigt waren und nur wenige, aber größere Ähren mit mehr Körnern trugen (siehe hierzu auch die Abbildung oben). Auch diese Pflanzen konnten sich nur noch vermehren, wenn die Körner von Hand vom Kolben abgetrennt und ausgesät werden.

Der Anbau solcher erkennbar veränderter Pflanzenarten und die etwa zeitgleich beginnende Tierhaltung (dazu mehr im nächsten Kapitel) gelten als der Beginn der “echten” Landwirt­schaft. Der Übergang war fließend, weshalb es auch unterschiedliche Auffassungen gibt, wann die "echte" Landwirtschaft begann. Im Nahen Osten war diese Stufe nach manchen Autoren vor 11.500 Jahren, nach anderen spätestens vor 10.500 Jahren erreicht. Damit ist die Region nach Meinung der meisten Archäologen die erste auf der Erde, in der Land­wirt­schaft betrieben wurde. (Andere Archäologen halten Afrika für das Entstehungsgebiet der Landwirtschaft – dort sollen trockenere Zeiten in der Sahara der klimatische Auslöser gewesen sein; mehr zu den verschiedenen Entstehungsgebieten der Landwirtschaft finden Sie auf der Seite Die Entstehungsgebiete der Landwirtschaft.)

Nutztiere

Auch als die Menschen Pflanzen anbauten, gingen sie natürlich weiter auf die Jagd. Im vorder­asiatischen Entstehungsgebiet der Landwirtschaft kamen unter anderem das Wild­schaf und die Bezoarziege vor, die wilden Vorfahren von Schaf und Ziege. Die meisten Forscher glauben, dass die Zähmung mit Jungtieren begann – vielleicht, weil ihre Mütter getötet wurden und deren hilflose Junge eingefangen wurden. Menschen entwickeln leicht eine emotionale Beziehung zu jungen Säugetieren, auch heutige Naturvölkern nehmen oft Jungtiere auf. Diese gewöhnten sich an den Menschen und verloren ihre Scheu. Nützlich sind sie außerdem: Sie locken wildlebende Verwandte an, die so leichter gejagt werden können. Gehaltene Tiere waren zudem ein praktischer Nahrungsspeicher: Wenn Dürren oder Schädlingsbefall die Erträge der Felder vernichteten, konnte man zur Not die Tiere essen. Sie mussten aber in umzäunte Gatter gesperrt werden, um die Gärten und Äcker vor ihnen zu schützen. Wilde Tiere zu halten und zu zähmen, ist der erste Schritt zu deren Domesti­kation: Zum Haustier werden Tiere dann, wenn sie sich in Gefangenschaft vermehren. Dazu müssen in erster Linien genug Tiere gehalten werden. Wenn weibliche Tiere Junge haben, geben sie zudem Milch, die auch vom Menschen für seine Kinder genutzt werden kann. Und es können auch wieder – wie bei den Pflanzen – durch die Auswahl der Eltern solche Eigen­schaften gefördert werden, die für den Menschen weniger gefährlich sind oder besonderen Nutzen bieten. So wurden die Tiere im Laufe der Zeit fügsamer und weniger aggressiv; aus den Wildformen gingen erste Nutztiere hervor. Die Domestikation von Schafen und Ziegen begann in der Levante vor knapp 10.000 Jahren.

Mit der Haltung von Schafen und Ziegen konnte der Mensch auch die Pflanzen intensiver nutzen, die nicht direkt für die menschliche Ernährung geeignet waren: Auch domestizierte Schafe und Ziegen beherbergen wie ihre wilden Vorfahren Mikroorganismen in ihrem Pansen, die Zellulose abbauen können. Insbesondere Ziegen fressen zudem dorniges Gestrüpp. Die Mikroorganismen bauen dabei Proteine und Fettsäuren auf, und sind die eigentliche Nahrung der Schafe und Ziegen (und deren Halter). Aber Schafe und Ziegen können eine Gegend auch kahlfressen – mit der Tierhaltung entstanden wohl auch das Wanderhirtentum und die rivalisierenden Kulturen sesshafter Ackerbauern und herumziehender Wanderhirten. Im Laufe der Zeit entstanden in trockenen Grassteppen eigenständige Hirtengesellschaften – so etwa vor 6.000 Jahren in den Steppen des heutigen südöstlichen Russlands und Kasach­stans.

Auf Schafe und Ziegen folgten vor 9.000 Jahren das Schwein und vor 8.500 Jahren das Rind. Schweine wurden in Vorderasien und China domestiziert; die Schweine wurden ver­mutlich in den Wäldern von Bucheckern und Eicheln ernährt, und sollten dem Menschen bei der Umwandlung von Waldland helfen. Als auch Rinder und (später) Pferde domestiziert wurden, erschloss sich der Mensch eine wichtige neue Energiequelle: Er war nun bei der Bestellung der Felder nicht mehr ausschließlich auf seine eigene Muskelkraft angewiesen, sondern konnte Ochsen und Pferde einsetzen. Rinder und Pferde verbesserten zudem mit ihrem Dung den Ackerboden. Die Nutzung der Haustiere in diesem Umfang war aber auf die miteinander verbundene Landmasse von Europa, Afrika und Asien beschränkt; als Zug- und Pflugtiere geeignete, zähmbare Wildtiere gab es in Amerika und Australien nicht. Diese Tat­sache sollte die Weltgeschichte entscheidend beeinflussen.

Die Ausbreitung der Landwirtschaft

Was auch immer die Entstehung der Landwirtschaft angetrieben hat: viele Menschen be­vor­zugten noch für lange Zeit (und in manchen Regionen der Erde bis heute) das Dasein des Jägers und Sammlers, wenn auch ohne Anbau genug Nahrung zu finden war. Aber wo die Landwirtschaft begonnen hatte, führte sie (wenn auch um den Preis des höheren Auf­wands) zu einer Erhöhung der Nahrungsmittelproduktion – und diese zu wachsender Bevölkerung. Daher musste die Landwirtschaft, wenn sie begonnen hatte, auch beibehal­ten werden, anders war die gewachsene Bevölkerung nicht mehr zu ernähren. Nicht nur die domestizierten Pflanzen und Tiere waren vom Menschen abhängig geworden, sondern der Mensch genauso von diesen. Warum ging es den Menschen dann aber nicht besser als den früheren Jäger und Sammlern, sondern nach allem, was uns die Überreste ihrer Knochen und Zähne verraten, deutlich schlechter?

Die Menschen, die von der Landwirtschaft lebten, waren von deutlich weniger – den domes­tizierten – Tier- und Pflanzenarten abhängig als Jäger und Sammler. Ihre Ernährung wurde einseitiger, vor allem aber konnten Dürren, Überschwemmungen, Kälteeinbrüche oder Schädlinge die Ernten dezimieren. Einen weiteren Faktor erkannte Anfang des 19. Jahrhun­derts der britische Pfarrer Thomas Robert Malthus: immer wenn aufgrund guter Ernten oder von Fortschritten in der Landwirtschaft die Erträge wuchsen, nahm die Bevölkerung zu. Die Erträge in der Landwirtschaft hingen auch von der Arbeitskraft ab, die zur Ver­fügung stand, insofern steckte nicht nur "ungezügelte Wollust" hinter diesem Bevölkerungs­zuwachs, sondern durchaus sinnvolles Verhalten. Aber auch die Erträge mussten dann zwischen mehr Menschen aufgeteilt werden, so dass der "Grenznutzen" zusätzlicher Arbeits­kraft abnahm, bis für den Einzelnen nicht mehr Nahrung überblieb. Kam es dann zu Ernteverlusten, kam der Hunger zurück (030).

Dazu kam, dass im Laufe der Zeit die Böden durch den Anbau immer unfruchtbarer wurden (fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen sollten erst im Laufe der Jahrtausende in die landwirtschaftliche Praxis einfließen. Ob aufgrund von Bevölkerungswachstum, unfruchtbar gewordenen Böden oder schlechten Ernten – immer wieder machten sich Bauern auf die Suche nach weiteren Flächen, die für den Anbau geeignet waren. Wenn es zu Konflikten zwischen ihnen und den dort lebenden Jägern und Sammlern kam, waren die Bauern zumeist zahlenmäßig weit über­legen. Auf die Dauer breitete sich so die Landwirtschaft aus, die Jäger- und Sammler­kulturen wurden verdrängt. Diese haben sich wohl manchmal gewehrt, manchmal ver­misch­ten sich die Gruppen auch und übernahmen (wenigstens teilweise) die Anbautechniken der Neuankömmlinge (oder entwickelten selber welche). Diese Bevölke­rungs­ströme kann man heute mit genetischen, archäologischen und linguistischen Analysen nachweisen, die jeweils unterschiedliche Aspekte erhellen.

Sprachen breiten sich meistens mit den Sprechern aus, so dass die heutige Verbreitung von Sprachfamilien, die in den Ursprungsgebieten der Landwirtschaft entstanden sind, die Wanderung von Menschen anzeigt. Die indoeuropäischen Sprachen gehen beispielsweise auf den fruchtbaren Halbmond und die folgende Ausbreitung der dort entstandenen Land­wirt­schaft zurück. (Spätere geschichtliche Ereignisse konnten dieses Bild nicht auslöschen, da nur langfristige Kolonialisierungsprozesse die Sprache einer Region dauerhaft verändern; antike oder mittelalterliche Reiche schafften dies nicht – erst nach dem 15. Jahrhundert sorgte die Kolonialisierung der “neuen Welt” für eine Ausbreitung der englischen und spa­nischen Sprache.) Archäologische Funde zeigen, wann diese Wanderungen stattfanden, etwa anhand der Verbreitung gleichartiger Keramikarten; genetische Analysen zeigen, wie die jeweiligen Bevölkerungsgruppen sich vermischt haben. So können die Wissenschaftler heute eine Geschichte nachvollziehen, in deren Verlauf die Landwirtschaft den größten Teil der nutzbaren Landoberfläche eroberte. Die Geschichte dieser Ausbreitung ist auf der Seite Der Siegeszug der Landwirtschaft dargestellt.

Die Landwirtschaft – eine Revolution?

Im Zweistromland und anderen großen Flusstälern sollte sich zuerst zeigen, dass die Land­wirt­schaft das Leben des Menschen dramatisch veränderte: hier entstanden die ersten großen Kulturen der Weltgeschichte. Die Erfindung der Landwirtschaft war ein derartiger Einschnitt in der Lebensweise der Menschheit, dass sie auch als „Neolithische Revolu­tion“ bezeichnet wurde. Der Begriff wurde 1936 von dem australisch-britischen Archäo­logen Vere Gordon Childe in Anlehnung an die „Industrielle Revolution“ geprägt. Er ist heute umstritten, da es viele Tausend Jahre dauerte, bis die Landwirtschaft sich durchsetzte (es war eine Revolution, die vermutlich niemand der Beteiligten bemerkte), und die Änderungen auch nicht zielgerichtet waren, sondern nebenbei "passierten". Viele Forscher halten den­noch an dem Begriff fest, da die Auswirkungen durchaus umwälzend durchaus waren. Das gilt nicht nur für die Lebensweise, sondern auch für den Menschen selbst (siehe folgendes Kapitel), und für die Umwelt: Im Laufe der Zeit – und in Verbindung mit vielen weiteren Er­findungen, die die Produktivität der Landwirtschaft weiter steigerten – nahm die Bevölke­rung um mindestens das Hundertfache zu (vor der Erfindung der Landwirtschaft lebten vier bis acht Millionen Menschen auf der Erde, im Jahr 1760 – vor Beginn der Industriellen Revolution – etwa 800 Millionen), und das bedeutet, dass der Anteil des Menschen an den Energie- und Stoffflüssen des Ökosystems Erde ebenfalls mindestens um das Hundertfache zunahm. Die Veränderung der Umwelt nahm durch den Menschen nahm durch die Landwirt­schaft ganz neue Dimensionen an.

Die Landwirtschaft domestiziert den Menschen

Je wichtiger die Rolle der Gärten und Äcker für die Ernährung der Menschen wurde, desto mehr „förderten“ diese die Sesshaftigkeit: Kulturpflanzen waren der natürlichen Selektion entzogen, sie mussten nun vor Konkurrenten, den „Unkräutern“, geschützt werden. Und nicht nur vor „Unkräutern“, sondern auch vor Tieren, die von dem reichen Nahrungsangebot angelockt wurden. Gärten und Felder mussten betreut werden, die Menschen in der Nähe der Felder bleiben. Also mussten die Ackerbauern die herumziehende Lebensweise der Jäger und Sammler aufgeben; wer noch nicht sesshaft war, musste es werden.

Der Anbau und die Tierzucht erforderten zudem neue kulturelle und soziale Regeln: Das Leben musste sich viel stärker an die jahreszeitlichen Zyklen anpassen, um z.B. den richtigen Zeitpunkt zur Aussaat, zur Bekämpfung von Unkräutern oder zur Ernte nicht zu verpassen. Man musste auch ganz anders an die Zukunft denken als Jäger und Sammler: ein Teil der Nahrung durfte bewusst nicht gegessen werden, sondern wurde als Saatgut aufbewahrt; einige schlachtreife Tiere durften nicht geschlachtet werden, sondern als Zuchttiere weiter ernährt. Man musste dafür sorgen, dass alle darauf verzichteten, auf Ackerflächen dem Sammeln nach­zu­gehen oder gezüchtete Tiere zu jagen. Aufgaben mussten verteilt und ausgeführt wer­den. Außerdem konnten (und mussten, wenn wir an Werkzeuge zur Bodenbearbeitung oder Gefäße zur Aufbewahrung der Ernte denken) sesshafte Ackerbauern und Hirten viel mehr Eigentum anhäufen als nomadisierende Jäger und Sammler: es mussten Regeln gefunden werden, wie dieses Eigentum zu verteilen war, wenn der Eigentümer starb oder wenn Grup­pen, die zu groß geworden waren, sich teilten. Der französische Archäologe Jacques Cauvin vermutet sogar, dass die Entstehung früher Religionen mit der Entstehung solcher Regeln zusammenhängt (040). Auf jeden Fall gilt dies für die Unterscheidung zwischen Natur und Kultur: Jäger und Sammler sahen (und sehen sich bis heute) als Teil der Natur (oder des "Landes"), während Bauern zunehmend zwischen dem Land, das sie mit ihrer Arbeit prägten (dem "Kulturland") und der übrigen Natur unterschieden. Kulturgüter mussten bewahrt werden: Häuser, die man nicht instand­hielt, verfielen; Tiere, die man unbeaufsichtigt ließ, verwilderten wieder (wenn sie nicht umkamen – oft, weil sie von Wildtieren gefressen wurden). Natur, die ungefragt in das Kulturland eindrang, wurde zum "Schädling".

Die Landwirtschaft hat aber den Menschen auch biologisch verändert: das veränderte Nahrungsangebot hat sich als selektiver Faktor der menschlichen Evolution erwiesen. So haben sich beispielsweise unsere Gene für Amylase vervielfältigt und bei Menschen aus Kulturen mit Weidewirtschaft ist Lactosetoleranz entstanden. Amylase ist ein Protein, das Stärke spaltet; die vervielfältigten Gene bedeuten eine höhere Amylase-Konzentration in den Zellen und damit eine bessere Nutzbarkeit von Getreide. Lactosetoleranz bedeu­tet, dass bei Völkern, die wie viele europäische, indische und afrikanische Völker eine Ver­gangenheit mit Weidewirtschaft aufweisen, auch Erwachsene den Milchzucker Lactose verwerten können. Bei anderen Völkern, etwa Chinesen und Japanern, können dies nur Kleinkinder – das dafür notwendige Enzym wird wie bei den meisten Säugetieren nach der Entwöhnung von der Muttermilch abgeschaltet. Bei Erwachsenen ohne Lactosetoleranz erzeugt Frischmilch Übelkeit, Durchfall und Erbrechen; bei den Weidevölkern gilt Lactose­unverträglichkeit mittlerweile als Krankheit.

Das enge Zusammenleben mit Tieren erleichterte aber auch die Übertragung von Tier­krank­heiten auf den Menschen; die höhere Bevölkerungsdichte deren Ausbreitung. Den Siegeszug der Landwirtschaft konnte dieses nicht behindern.

Mit der Landwirtschaft begann das Zeitalter der Arbeit

Die Auswirkungen der Landwirtschaft auf das Selbstverständnis des Menschen sind tief­greifend: Aus dem frei schweifenden Jäger, der von einem lebenden Kosmos ernährt wurde, wurde ein Mensch, der sich “im Schweiße seines Angesichts” seine Nahrung erarbeiten musste; ein Mensch, der sich von der Aussaat bis zur Ernte um seine Pflanzen sorgen musste (für den aber auch das Land, auf dem seine Pflanzen wuchsen, zur “Heimat” wurde, die er erbittert verteidigte); ein Mensch, der immer öfter in Gemeinschaftsprojekte etwa zur Bewässerung eingebunden wurde; ein Mensch, der nun die Möglichkeit hatte, Besitz und Reichtümer anzuhäufen. Ein Mensch auch, der seine Kinder nicht mehr mitnehmen musste, um wandernden Tierherden zu folgen; sondern der viele Kinder brauchte, um seine Felder zu bestellen und seine Armeen mit Soldaten zu versehen – Soldaten, die er brauchte, um seine Reichtümer zu verteidigen und neue zu erobern. Wenn wir heute glauben, dass die Leben von Bauern und Stadtbewohnern sich grundsätzlich unterscheidet – der Unterschied zwischen dem Leben von Jägern und Sammlern und dem von Bauern ist noch viel größer.

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© Jürgen Paeger 2006 – 2021

Die Landwirtschaft wurde eigentlich lange vor dem Menschen erfunden: Blatt­schneider­ameisen etwa legen unterirdische Pilz­gärten an; die von den Ameisen in Stücke ge­schnittenen Blätter dienen dazu, die Pilze zu füttern, die dann von den Ameisen abge­fressen werden. Die Pil­ze können ohne Amei­sen nicht überleben, sind also domestizierte Arten. Auch Termiten halten Pilze, die sie mit zerkautem Holz füttern. Blattschneiderameisen und Termiten haben auch “Städte” erfunden (die dort Nester hei­ßen). Auch die Tier­haltung kommt bei Ameisen vor: Mehrere Arten halten Blattläuse, deren zuckerhaltige Ausscheidungen sie fressen. Dafür schützen sie die Blattläuse vor Feinden.

Auch in Europa haben Menschen Pflanzen verbreitet: Offenbar vergruben sie Hasel­nüsse, so dass der Strauch hier zu einem häufigen Gebüsch wurde.

Dass Jäger und Samm­ler besser er­nährt waren als Bau­ern, zeigt sich unter anderem daran, dass sie größer waren, ihre Skelette und Zähne weniger Anzeichen von Mangelernährung zeig­ten und dass sie älter wurden.

Gräser und Weide­tie­re sind ein Beispiel für Co-Evolution: Bei den Gräsern liegen die Er­neuerungsorgane am oder im Boden, so dass sie von fressenden Tie­ren nicht geschädigt wer­den; Weidetiere be­herbergen in ihrem Ver­dauungstrakt Mikro­orga­nismen, die schwer zugängliche Nährstoffe der Gräser nutzbar machen. (Die am Boden liegenden Erneuerungs­organe der Gräser sind auch der Grund, warum Gräser Rasenmäher überleben.)

Wie schnell mit heuti­gem Wissen zahme Tiere gezüchtet wer­den können, schildert Richard Dawkins am Beispiel von Silber­füchsen: Bereits nach 20 Jahren suchen diese den Menschen und we­deln bei der Annäherung mit dem Schwanz. 

Schafe und Ziegen waren nicht die ersten domestizierten Tiere – vor ihnen hatte der Mensch den Wolf zum Haushund gemacht.

Dieser war jedoch nicht zum Verzehr gedacht, sondern hat sich wohl als Helfer bei der Jagd bewährt. Mit der Haltung weiterer Tiere begann die Züchtung besonderer Rassen: Neben Jagdhunden wurden jetzt auch Hirtenhunde gezüchtet.

Dass die Ausbreitung der Landwirtschaft in Europa eine Mischung aus der Ausbreitung von Ackerbauern und ihrer Vermischung mit der einheimischen Bevölkerung war, legen genetische Analysen nahe: So nimmt der Anteil bestimmter genetischer Merkmale, die von zugewanderten Ackerbauern aus dem fruchtbaren Halbmond stammen, von Osten nach Westen hin ab (auf dem Balkan betragen sie 79 Prozent, in Süditalien 63 Prozent, in England 21 Prozent). Nachfolger der europäischen "Urbevölkerung" wären demnach etwa die Basken, wo diese Anteile ganz fehlen – und die eine eigene, mit den anderen nicht verwandte Sprache haben.