Hintergrundinformation

Eine kleine Geschichte der Menschheit

Die Unterwerfung der Welt
durch Westeuropa

Ende des 15. Jahrhunderts entdeckten europäische Seefahrer Amerika und den Seeweg nach Indien. Sowohl in Amerika als auch im Indischen Ozean folgten auf die Entdecker Plünderer, die auch vor Massakern nicht zurückschreckten. Spanier und Portugiesen bauten riesige Kolonialreiche auf; Franzosen, Holländer und Engländer stürzten sich ebenfalls auf die lukrativen Geschäfte. Afrika wurde für den Sklavenhandel entvölkert; in Eurasien wurde Sibirien kolonialisiert, und im Pazifischen Ozean Neuguinea, Australien und Neuseeland.

Gemälde, das die Eroberung des Großen Tempels der Aztekenhauptstadt Tenochtitlán durch Hernan Cortés darstellt

Eroberung des Großen Tempels von Tenochtitlán, der Hauptstadt des Aztekenreichs, durch Hernán Cortés. Gemälde von Emanuel
Leutze aus dem Jahr 1848.

Die Erde ist rund – Europa entdeckt eine neue Welt

Die Reiseberichte von Marco Polo und die – fast vollständig erfundenen, aber sehr populären – von Jean de Mandeville hatten die Vorstellung von großen Reichtümern in fernen Ländern populär gemacht, die 1406 erfolgte lateinische Übersetzung von Ptolemäus' achtbändiger Geographica heizte die Entdeckungs­lust weiter an. Ein Sohn des portugiesischen Königs, Heinrich der Seefahrer, starte 1418 als Gouverneur der Algarve ein Programm, um einen Seeweg nach Indien zu entdecken und den Arabern endlich ihr Monopol im Gewürzhandel zu entreißen. Portugiesische Seefahrer wagten sich immer weiter in den Atlantik hinaus und entdeckten 1419 Madeira, 1427 die Azoren und 1445 die Kapverdischen Inseln. Madeira war für den Anbau von Zuckerrohr geeignet, den die Europäer bei den Arabern kennen gelernt hatten und der hohe Profite versprach.

Als 1453 Konstantinopel an die Osmanen fiel und die islamische Welt nun alle Handelswege zwischen Asien und Europa kontrollierte, verstärkten die Portugiesen die Suche nach einem Seeweg nach Indien, der um Afrika herum führen musste – von dem die Europäer nicht wussten, wie weit es nach Süden reichte und dessen Atlantikküste kaum Häfen bot, dafür aber ungünstige Winde. Aber die Portugiesen kannten mittlerweile die Strömungen und Winde des Atlantik und konnten zudem mit dem Jakobsstab genauer als andere die geographische Breite bestimmen; sie segelten weit nach Westen, fast bis nach Brasilien (von dem sie nichts wussten) und nutzten dann den Falklandstrom und die Westwinde der Rossbreiten, um die afrikanische Küste zu erreichen. Schon 1434 hatte Gil Eanes das Kap Bojador überwunden, dass bis dahin als das Ende der schiffbaren Welt gegolten hatte. (Um seinen Matrosen zu beweisen, dass das Wasser dort nicht kochte, wie die Legende behauptete, holte er es in einem Weinfass an Bord und steckte seine Hand hinein – ein Beispiel, wie an der Schwelle zur Neuzeit die praktische Anschauung begann, den Aberglauben des Mittelalters zu überwinden.) Die Westküste Afrikas lieferte erste Reichtümer – Gold, Elfenbein und Sklaven; und wurde daher auch nach Heinrichs Tod im Jahr 1460 immer weiter erkundet: 1471 überquerten die Portugiesen den Äquator; 1482 wurde in São Jorge da Mina (Elmina im heutigen Ghana) der erste Handelsposten eröffnet. 1488 erreichte Bartolomeu Dias die Südspitze Afrikas; der Weg nach Indien stand den Portugiesen damit offen.

Einen anderen Seefahrer, den seit 1482 in portugiesischen Diensten Italiener Christoph Kolumbus, hatte Portugal 1485 dagegen abgewiesen: dieser wollte nach Westen segelnd die chinesische Küste erreichen. Die Portugiesen er­kannten, dass Kolumbus basierend auf der Karte von Ptolemäus den Weg nach Indien deutlich unterschätzte. 1487 schickte Portugal aber den Flamen Ferdinand van Olmen mit zwei Schiffen nach Westen geschickt, er kam nie zurück. Kolumbus gab aber nicht auf, wandte sich an die Könige Kastilliens, an seine Heimatstadt Genua, an Venedig, an England und eine zweites Mal an Portugal. Obwohl er mittlerweile erfahren hatte, das Bartolomeu Dias den Seeweg nach Indien gefunden hatte, versuchte er es weiter und ging wieder nach Kastilien. Diesmal hatte er Glück: nachdem die kastillischen Könige mit der Kapitulation Granadas im Jahr 1492 die Muslime auf europäischem Boden endgültig besiegt hatten, konnte Kolumbus Königin Isabella für sein Vorhaben gewinnen, Indien nach Westen segelnd zu erreichen. Anfang August 1492 star­tete er, und im Oktober erreichte er eine Insel, die „in der Indianersprache Guanahani hieß“ (aus seinem Bordtagebuch): Indianersprache – Kolumbus glaub­te noch drei weitere Reisen lang und bis zu seinem Tod, dass die Inseln zu Asien gehörten. Tatsächlich war er auf den heutigen Bahamas gelandet (und noch heute werden die karibischen Inseln auch „Westindische Inseln“ genannt). Er segelte weiter nach Kuba und Hispaniola, war aber enttäuscht, da es dort kein Gold gab: nichts hätte die spanischen Könige mehr von seinen Reisen überzeugt. Da er aber sicher war, den Fernen Osten Marco Polos erreicht zu haben, versprach er nach seiner Rückkehr im Frühjahr 1493 gewaltige Reichtümer für seine nächste Reise. Ende des Jahres startete er erneut, diesmal mit 17 Schiffen und 1200 Siedlern und Soldaten. Auf der Suche nach den Reichtümern vernichtete er durch Zwangsarbeit in Minen, Folter und tödlichen Strafen sowie durch Krankheiten, die die Europäer mitgebracht hatten, fast die gesamte Bevölkerung der Inseln – der Dominikaner Bartolomé de las Casas, der selbst 1502 als Siedler nach Hispaniola gekommen war, dort aber zum Ankläger des Völkermords an den Einheimischen wurde, schrieb, dass die Bevölkerung Hispaniolas von mehr als drei Millionen auf 60.000 Menschen im Jahr 1508 zurückging.

Was Kolumbus nie erkannte, wurde anderen Seefahrern nach den ersten Erkundungsfahrten schnell klar: Kolumbus hatte einen neuen, unbekannten Kontinent entdeckt (der schließlich nach einem dieser Seefahrer, Amerigo Vespucci, "Amerika" genannt wurde). Kolumbus erkannte aber, dass die Inseln für den Anbau von Zuckerrohr geeignet waren, den er von den Kanaren und Madeira kannte, und so sollte es auch kommen. Die dahingeraffte Bevölkerung wurde durch Sklaven aus Afrika ersetzt. Die Entdeckungen der Portugiesen und der Spanier regte auch andere an: auch England suchte Ostindien im Westen. 1497 segelte der Venezianer Giovanni Caboto (John Cabot) in englischem Auftrag über den Atlantik und wurde zu ersten Europäer, der nordamerika­nisches Festland betrat – auch er hielt es für China. Auf seiner zweiten Fahrt 1498 wollte er mit fünf Schiffen entlang der Küste “Chinas” nach Japan gelangen, wo er den Ursprung der Gewürze vermutete – nur ein Schiff kehrte zurück, das von Cabot blieb verschollen.

Für die Portugiesen war die Nachricht von der Entdeckung Amerikas durch Spanien ein Schock. Portugal fürchtete, um die Früchte seiner Entdeckungen gebracht zu werden; und um einen Konflikt zwischen den katholischen Mächten Spanien und Portugal zu vermeiden, teilte der Papst 1493 die Welt auf: Eine Hälfte ging an Spanien, die andere an Portugal. 1494 wurde die Grenze im Vertrag von Tordesillas noch einmal verschoben, daher fiel später Brasilien den Portugiesen zu. Um Indien endgültig zu sichern, stach 1497 Vasco da Gama in See, umrundete die Südspitze Afrikas und segelte bis nach Indien. Dort landete er an der Malabarküste, nahe dem heutigen Kalikut. Diese Küste war ein Drehkreuz des Gewürzhandels, hier trafen sich chinesische Dschunken und arabische Daus. Nach über zwei Jahren kam da Gama zurück, und berichtete von den Gewürzpreisen in Indien: Sie versprachen riesige Profite. (Und außerdem war ihm nicht entgangen, dass die arabischen und chinesischen Schiffe unbewaffnet waren – die bewaffneten portugiesischen Schiffe also gute Chancen hatten, sich ihren Anteil zu sichern.) Eine weitere Flotte mit 13 Schiffen und da Gamas Steuermännern wurde losgeschickt, segelte aber in der Suche nach den richtigen Strömungen und Winden zu weit nach Westen: am Osterdienstag des Jahres 1500 entdeckte Pedro Álvarez Cabral die Küste Brasiliens und nahm das Land für Portugal in Besitz. 1507 erreichten portugiesische Schiffe Mauritius, und 1511 erstmals die Gewürzinseln (die heute indonesischen Molukken). 1513 folgte der Spanier Vasco Nuñez de Balboa Gerüchten über ein Meer im Westen, kämpfte sich durch den Dschungel der Landenge von Panama und sah als erster Europäer den Pazifik. 1519 wurde der im Dienste Spaniens stehende portugiesische Kapitän Ferdinand Magellan losgeschickt, um eine Westpassage nach China zu finden. Magellan umrundete die Südspitze Südamerikas auf der später nach ihm benannten Magellan-Straße und durchsegelte den Pazifik. Er wurde auf den Philippinen, die er 1521 für die Europäer entdeckte, von Einheimischen getötet, aber 1522 kam eins der fünf gestarteten Schiffe (mit 18 von ehemals 270 Besatzungsmitgliedern) unter dem Kommando von Juan Sebastián Elcano zurück: er hatte die Welt umsegelt. Damit war bewiesen: Kolumbus hatte tatsächlich einen neuen Kontinent entdeckt – und die Erde war tatsächlich rund.

Über die nächsten 90 Jahre kartierten europäische Seefahrer einen großen Teil der Küsten dieser Erde; abgeschlossen wurde diese Erkundung erst noch einmal 200 Jahre später mit den Fahrten von James Cook und der Kartierung der amerikanischen Pazifikküste im Jahr 1794 durch George Vancouver. Beide waren im englischen Auftrag unterwegs – kein Zufall, denn das Zentrum des weltpolitischen Geschehens hatte sich zwischenzeitlich nach Nordwesteuropa verschoben.

Spaniens El Dorado

Die Spanier erkundeten von der Karibik aus die Festlandsküste nach Norden und nach Süden; und trafen schließlich an der Küste von Yukatan auf Indianer, die in steinernen Städten wohnten: die Azteken. Im Jahr 1519 erreichte Hernán Cortés mit seiner 500 Mann starken Truppe die Hauptstadt Tenochtitlán, und traute seinen Augen kaum: allein der Marktplatz fasste 60.000 Menschen, und endlich gab es Gold und Silber in Mengen. Die Azteken empfingen die Spanier zunächst freundlich; sie waren unsicher, ob es sich bei der Ankunft der weißhäutigen Fremden nicht um die verheißene Rückkehr des Gottes Quetzalcoatl handelte. Als aber die Spanier anfingen, ihre Schätze zu stehlen, entschlossen sie sich zum Kampf, und Cortés musste fliehen. Im folgenden Jahr kam er mit Verstärkung zurück und eroberte und zerstörte Tenochtitlán. Dieser Sieg konnte den zahlenmäßig weit unterlegenen Spaniern nur gelingen, da sie einerseits zahlreiche von den Azteken unterdrückte einheimische Völker als Verbündete gewinnen konnten, und andererseits über Gewehre, eiserne Rüstungen und Pferde verfügten: allesamt neu für die Azteken und alleine geeignet, Panik unter ihnen auszulösen. Außerdem hatte Cortés’ Verstärkung einen tückischen Verbündeten mitgebracht: Pockenviren. Die Wirkung auf die Azteken, die erstmals dieser Krankheit ausgesetzt werden, war verheerend; 1522 war das Aztekenreich zerstört. Die Spanier setzten sich an ihre Stelle als Herrscher des Landes. 1530/31 wurden noch die Masern eingeschleppt, 1546 das Fleckfieber. Die Bevölkerung Mexikos schrumpfte vor allem in Folge der Krankheiten, die die Spanier mitgebracht hatten, im Jahrhundert nach der Ankunft der Spanier von 25 Millionen auf 1 bis 2 Millionen. (In Südamerika insgesamt starben – die Zahlen sind umstritten – zwischen 40 und 90 Prozent der Bevölkerung an eingeschleppten Krankheiten.)

Zehn Jahre nach der Zerstörung des Aztekenreichs hörten die Spanier von einem noch reicheren Volk in Südamerika, und fanden tatsächlich Küsten­dörfer, die in Gold zu schwimmen schienen. Der Rest ist Geschichte: Francisco Pizarro bat 1533 den Inkaherrscher Atahualpa um ein Gespräch, nahm ihn mitten in seiner Residenzstadt Cajamarca gefangen und verlangte von den Inkas, einen Raum mit Gold zu füllen, wenn sie ihn lebend wiederhaben wollten. Die Inkas brachten das Gold; Pizarro tötete den Inkaherrscher trotzdem. Noch 40 Jahre, bis 1572, kämpften die Inka gegen die Spanier, aber auch hier gaben die von den Europäern mitgebrachten Krankheiten, ihre überlegenen Waffen und Ausrüstungen letztendlich den Ausschlag. Einen starken Staat besiegt zu haben, brachte den Spaniern einen Vorteil: Sie konnten das bestehende System weiternutzen. So nutzen sie den mita genannten Frondienst der Inka, um Arbeitskräfte für die Silberminen zu rekrutieren. Der Silberabbau begann 1530 in Zentralmexiko, in den 1540er Jahren wurden in Bolivien (Potosí) und Mexiko (Zacatecas) weitere Vorkommen gefunden. Vor allem die reichen Silberminen von Potosí schienen das Versprechen vom "El Dorado" (wenn auch in Silber) Wirklichkeit geworden sein. Die Maya dagegen, deren Staat schon lange zerfallen war, waren viel schwieriger zu unterjochen – vollständig gelang dies bis heute nicht. Die Verwaltung der neuen Gebiete unterlag ab 1535 dem Vizekönigreich Neuspanien, 1542 kam (im wesentlichen für die Inkagebiete) das Vizekönigreich Neukastilien hinzu (830). Von Amerika aus erkundeten die Spanier auf Magellans Spuren auch den Pazifik: 1565 machten sie die Philippinen zur (neu)spanischen Kolonie.

Portugals Reich im Osten

Während die Spanier die einheimischen Kulturen in Amerika und der Karibik zerstörten, mussten die Europäer sich im riesigen, tropischen und weit entfernten Asien mit den einheimischen Kulturen arrangieren. Den Portugiesen gelang es zwar, ausgewählte Stützpunkte im Indischen Ozean mit Gewalt in ihre Hand zu bringen: Mombasa, Malindi und Kilwa an der afrikanischen Ostküste, Ormuz am Eingang des persischen Golfes, Goa (ihre wichtigste Basis, ein Hauptumschlagplatz für Pfeffer), Malakka (der Zugang zu den Gewürzinseln) und Macao (von hier aus dominierten sie den vom Minghof für Chinesen verbotenen und daher lukrativen Handel mit Japan). Es gelang den Portugiesen aber nie, den Handel durch arabische, persische und indische Schiffe völlig zu unterbinden. In den besten Zeiten liefen jedoch etwa 40 Prozent des Gewürzhandels durch portugiesische Hände; dazu kam der Handel mit Seide aus China und Diamanten aus dem indischen Golconda. Als ihr Anteil am Handel zurückging, versuchten die Portugiesen, sich schadlos zu halten, indem sie Handelslizenzen für den innerasiatischen Warenaustausch verkauften: Sie wurden mit anderen Worten zu „Raubrittern des Indischen Ozeans“ (so der Wirtschaftshistoriker David Landes).

Als Spanien und Portugal im Jahr 1580 in Personalunion vereinigt wurden, verloren die niederländischen Kaufleute, die portugiesische Gewürze in Nordeuropa verkauft hatten, ihr Monopol (die Niederlande und England lagen mit Spanien im Krieg); und die niederländische Ostindische Kompanie (siehe Kasten) begann, eigene Handelsposten im Fernen Osten einzurichten (1603 auf Java); 1605 konnten sie die Molukken einnehmen und 1611 siedelten sie ihr Hauptquartier in Batavia (das heutige Jakarta) an. Auch die englischen Piraten, die zunehmend aus der Karibik vertrieben wurden, erkannten die Region als lohnendes Jagdrevier. Im Verlauf des nächsten Jahrhunderts verlor Portugal die meisten seiner Stützpunkte; die große Zeit des kleinen Landes war damit vorbei. Die Rolle der Portugiesen im Gewürzhandel sollte zum großen Teil die Ostindische Kompanie übernehmen, deren Imperium später von der Regierung der Niederlande übernommen wurde und nach dem Zweiten Weltkrieg zum Kern Indonesiens wurde.

Der Aufstieg des Kapitalismus

Schon die Entdeckungs- und Eroberungsfahrten der Spanier und Portugiesen waren oft – in der Hoffnung auf neue Beschaffungs- und Absatzmärkte – von Kaufleuten mitfinanziert worden. Die Entdeckung Amerikas ließ die Bedeutung des Mittelmeerraumes für den Handel sinken und stärkte die des Atlantiks. Mehrere Staatsbankrotte (etwa Spaniens 1557 und 1575) führten zudem zu einem Rückgang der Bedeutung Südeuropas, so dass schließlich der Nordwesten Europas zum Zentrum des entstehenden Welthandels wurde. Um den enormen Finanzbedarf der risikoreichen, aber gewinnträchtigen Reisen auf den neu entdeckten Handelsrouten zu decken, entstanden hier Kapitalgesellschaften mit zahlreichen Teilhabern: In London wurde im Jahr 1599 die East India Company gegründet; in Amsterdam 1602 die Ostindische Kompanie. Beide wollten am lukrativen Gewürzhandel mitverdienen. Die Ostindische Kompanie bestand aus Kapitalgebern, die den “Mitreedern” (um der Gesellschaft anzugehören, musste man Eigentumsanteile an einem Schiff nachweisen) Geld für ihre Geschäfte überließen, die Gewinne sollten geteilt werden. Damit war sie ein Vorläufer der heutigen Kommanditgesellschaft. Es gelang ihr, die Portugiesen von den Molukken zu vertreiben und den Nelkenhandel zu übernehmen. Die Company war sehr erfolgreich (1610 schüttete sie 75 Prozent Dividende aus), und so wurde 1621 ihre Schwester, die West India Company für den Handel mit der Karibik und der Neuen Welt gegründet – sie machte ihre Gewinne mit Gold und Sklaven. Auch Schweden, Frankreich und andere gründeten eigene Handelskompanien. Für den Handel mit Anteilen an diesen Gesellschaften entstanden 1531 in Antwerpen, 1611/12 in Amsterdam und 1698 in London die ersten Börsen. Die Anteile ermöglichten es größeren Teilen der Bevölkerung, an den Gewinnen und Verlusten des Fernhandels teilzuhaben.

Die wachsende Bedeutung der Handelsgesellschaften sollte dazu führen, dass der Kapitalismus die Arbeitswelt umgestaltete: Die Gesellschaften förderten in Brasilien und in der Karibik den Anbau von Zucker für den Export, in South Carolina und Virginia den Anbau von Tabak. Der Anbau erfolgte weitgehend im Plantagensystem, für das Millionen Sklaven nach Amerika verkauft wurden. Auch im Osten Europas, wo immer mehr Getreide für den Export nach Westeuropa angebaut wurde, führte die zunehmende Handelsorientierung zu einem "Bauernlegen": zunehmend musste unfreie Bauern Fronarbeit leisten – das System ähnelte in vielem der Sklavenwirtschaft. In den – weniger von feudalen Traditionen geprägten – Niederlanden und England kam es dagegen zu einer (in den Niederlanden durch Regelungen zum Bauernschutz weniger umwälzenden) Entstehung von auf freier Lohnarbeit basierenden Großbetrieben. Auch dies ging auf auf Kosten kleinerer Bauern, führte aber viel stärker als im Osten auch zu ertragreicheren Anbaumethoden. Die freigesetzten Arbeitskräfte wanderten vor allem in England, wo zudem Gemeindeland privatisiert wurde, in die Städte ab und suchten dort Arbeit im Gewerbe.

Auch in das Gewerbe nämlich investierten die Kaufleute zunehmend: ab dem 15. Jahrhundert in den Erzbergbau (der in Deutschland etwa den Fuggern zu Reichtum verhalf), und später in die "vorindustrielle" Heimarbeit. "Verleger" vergaben Aufträge und schossen die Rohstoffe vor, und so entstanden erste Zentren der Textil- und Metallwarenproduktion. In denen wurden auch bereits zentrale Werkstätten geschaffen, etwa zum Bleichen, Färben oder Bedrucken der Stoffe, in denen die Handwerker direkt von den Handelsgesellschaften beaufsichtigt wurden. Aber auch die Heimarbeiter waren zunehmend von den Launen der Märkte abhängig (genossen aber auch die über diese herbeigeschafften "Kolonialwaren") – und sie gewöhnten sich an diszipliniertes, "rationelles" Arbeiten. Das Eindringen des Kapitalismus in das Gewerbe führte vor allem in England (die Niederlande konzentrierten sich weiter auf den Handel und den Finanzkapitalismus) dazu, dass der Kapitalismus die Arbeitswelt prägte – und schließlich auch die dort begonnene Industrielle Revolution.

Weiter: Kapitalismus, Industrialisierung und Marxismus

Die Ostindische Kompanie sollte 1652 auch eine Verpflegungsstation in einer Bucht am Kap der Guten Hoffnung, wie die Portugiesen die Südspitze Afrikas genannt hatten, einrichten – die Kap-Stadt. 1657 wurde ein Teil der Angestellten zu freien Bürgern, aus der Station eine richtige Kolonie. Um den Anbau zu gewährleisten, setzten die Bauern (Buren) zuerst Sklaven ein, aber mit steigender Nachfrage nach Sklaven aus Brasilien, der Karibik und Amerika (hier) holten sie auch neue Siedler ins Land – darunter aus Frankreich vertriebene Hugenotten (hier), die ihre Vorstellungen von einem gottgefälligen Leben durchsetzen wollten. Der Gott der Hugenotten teilte die Welt in oben und unten, und unten waren die Heiden, die als Sklaven die Arbeit verrichten sollten. Die sich aber wehrten, und so wurde das 18. Jahrhundert zu einer Folge von Kriegen zwischen Buren und den afrikanischen Völkern, die Südafrika besiedelten (mehr).

Piraten und Händler – England in Indien und China

England begann erst unter Elisabeth I. (mehr) ernsthaft, sich am Wettrennen um die Gewürzinseln zu beteiligen. Ein Ausrufezeichen setzte 1577 Francis Drake mit der zweiten Weltumsegelung – bei der den Freibrief hatte, spanische Schiffe und Häfen zu plündern. Er brachte aber nicht nur geraubtes Gold und Silber mit, sondern auch Muskatnüsse. Gold und Silber, das vor allem die Spanier aus ihren Kolonien wegschufen, lockten noch lange englische Piraten, die sich in der Karibik verbargen; die Muskatnüsse weckten das Interesse der Londoner Kaufleute. Die Engländer konnten den Holländern im Indischen Ozean aber zunächst kein Paroli bieten und konzentrierten sich daraufhin auf den Handel über das Mittelmeer; die 1581 gegründete Levant Company errichtete Handelsposten bis nach Nordindien. Die Seeroute wollte die East India Company etablieren. 1612 konnte deren Flotte die Portugiesen vor Surat schlagen; 1647 besaß sie Stützpunkte unter anderem in Bombay, Madras und Kalkutta. Die Company handelte unter anderem mit Baumwollgarnen und –stoffen – und veränderte damit die Kleidung in Europa und den überseeischen Kolonien grundlegend: Baumwollkleidung war wie geschaffen für heiße Regionen und konnte in Europa als Unterwäsche verwendet werden; ganz neue Ansprüche an Sauberkeit und Gesundheit entstanden. 1661 übergaben die Portugiesen Bombay als Teil der Mitgift von Katharina von Braganza an England; es war das erste englische Territorium in Indien und wurde bald zum Hauptquartier der East India Company. 1670 wurde diese mit dem Kriegs- und Gerichtsrecht ausgestattet; Ende des 17. Jahrhunderts liefen bereits 13 Prozent der englischen Importe über die Firma. 1765 wurde sie zur Territorialmacht, als der Nawab von Bengalen ihr die Verwaltung Bengalens antrug. Danach benutzten sie das Silber, mit dem sie zuvor indische Waren bezahlt hatte, um in Kanton Porzellan, Seide und Tee zu kaufen und nach Europa und sogar bis Amerika zu bringen. Derart auf den Geschmack gekommen, weiteten die Briten ihre Territorialherrschaft immer weiter aus – so sollte das British Empire in Indien entstehen.

Englands Kolonien in Nordamerika

Andere englische Seefahrer sahen ihre besten Gewinnchancen nicht im Gewürz-, sondern im Sklavenhandel. Seit John Hawkins 1562 Sklaven von Westafrika in die Karibik gebracht hatte, mischte England im atlantischen Dreieckshandel mit. Auch gestattete die Krone privaten Aktiengesellschaften, "herrenloses Land" nördlich des spanischen Florida in Besitz zu nehmen. Nordamerika hatte die Europäer lange kaum interessiert, es gab kein Gold. Anfang des 17. Jahrhunderts gewann die Region aber bei zunehmender Konkurrenz zwischen den europäischen Seemächten strategische Bedeutung, und dazu kam die Spaltung der christlichen Welt in Folge der Reformation. Eine Expedition der Virginia Company erreichte 1607 die Chesapeake-Bucht, und gründete dort die erste erfolgreiche englische Siedlung auf amerikanischem Boden: Jamestown im heutigen US-Bundesstaat Virginia. Die Region war von Powhatan-Indianern besiedelt, die hier Mais, Kürbis und Bohnen in Mischkultur anbauten, fischten, jagten und sammelten. Erste Versuche der Spanier und Engländer, sich hier anzusiedeln, waren durch Angriffe der Indianer beendet worden. Die Siedler von Jamestown, die eigentlich auf Gold und Silber gehofft hatten und nicht darauf eingestellt waren, Land roden und bebauen zu müssen, litten einige Hungerjahre, bevor einer der wenigen Bauern unter den Siedlern, John Rolfe, eine Lösung fand: Tabak lies sich auf dem sumpfigen Boden gut anpflanzen. Aus dem spanischen Trinidad gelieferte Samen begründeten den amerikanischen Tabakanbau, der mit seinem Arbeitskräftebedarf die Sklaverei nach Nordamerika brachte, und legte die Grundlage für das spätere Plantagensystem der Südstaaten. Die Ausbreitung des Tabakanbaus führte auch zu regelmäßigen Scharmützeln mit den einheimischen Indianern, die 1622 den großen Aufstand probten und 350 Siedler töteten – diese aber nicht vertreiben konnten. Vielmehr begann die Vernichtung der Indianer (mehr).

Als „Väter des amerikanischen Volkes“ gelten jedoch die puritanischen „Pilgerväter“. Die Puritaner wollten die "reine Lehre" leben, die anglikanische Staatskirche in England hatte ihnen zu viele katholische Traditionen bewahrt. Nach einigen Jahren in Holland charterten sie die "Mayflower", die Ende 1620 am Cape Cod in Massachusetts landeten, wo sie die Kolonie Plymouth gründeten. Sie kamen in ein Land, in dem die indianische Bevölkerung wenige Jahre zuvor durch eine Seuche – vermutlich die Pest, die frühere Forschungsreisende mitgebracht hatten – dezimiert worden war und keine ernste Bedrohung mehr darstellte. Dennoch hatte auch diese Kolonie anfänglich ernste Schwierigkeiten, ihre Ernährung zu sichern; aber später sollten viele Siedler mit Kabeljaufang und -handel reich werden. Wirtschaftlicher Erfolg war für die Puritaner ein Zeichen, dass Gott auf ihrer Seite ist; und mit dem Kabeljauhandel wurde Neuengland zur internationalen Handelsmacht. Dem Gesetz nach hätte die Kolonie ihre Waren eigentlich nur über das englische Mutterland vertreiben dürfen, praktisch wurde der Handel zunächst geduldet. Erst ein Jahrhundert später versuchten die Briten, ihre Kolonie an die Kandare zu nehmen (im Jahr 1733 mit dem Molassegesetz, das die Zuckereinfuhr aus der nichtbritischen Karibik mit Zöllen belegte) – zu spät: lang andauernde Zoll- und Steuerstreitigkeiten führten 1773 zur Boston Tea Party, die schließlich zum Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg 1775 – 1783 führte, der mit der Entstehung der Vereinigten Staaten von Amerika endete.

Mehr zum Thema: Eine kleine Kolonialgeschichte der USA.

Portugal in der Neuen Welt

Neben dem Handel im indischen Ozean begannen die Portugiesen ab 1550, auch den ihnen eher zufällig zugefallenen Teil der neuen Welt zu kolonialisieren, den sie nach dort wachsenden Brasilholz Brasilien nannten. Gold wurde hier erst später gefunden; nach dem karibischen Vorbild wurden daher hier Zuckerrohrplantagen angelegt – und die Indios zur Arbeit in diesen gezwungen. Auch hier wurde die einheimische Bevölkerung stark dezimiert, so dass auch in Brasilien der Import afrikanischer Sklaven begann. Um 1600 hatte Zucker nicht nur das Brasilholz als wichtigstes Exportgut abgelöst, sondern Brasilien war bereits der größte Zuckerproduzent der Welt. Auch die karibischen Inseln blieben weiterhin wichtige Produzenten. Mit der Entdeckung der Festlandreiche hatten aber die Spanier das Interesse an diesen weitgehend verloren; dagegen lockte der Reichtum der neuen Welt Holländer, Engländer und Franzosen an, die heftig mit den Spaniern um die Karibikinseln kämpften, auf denen sie den Zuckerrohranbau dann übernahmen (auf dem südamerikanischen Festland konnten sie dagegen dauerhaft nur die drei Guyanas erobern).

Die Zuckerproduzenten führten eine ganz neue Form des Anbaus an, die später von Tabak- und Baumwollpflanzern übernommen wurde: die Sklavenplantage, die sich ab 1580 verbreitete und ab 1680 für 150 Jahre die Wirtschaft Brasiliens, der Karibik und des Südostens Nordamerikas dominierte. Als Quelle der Sklaven wurde auch Afrika in das entstehende weltweite Handelsnetz eingebunden.

Sklavenhandel in Afrika

Die Sklavenhaltung in Amerika war keine neue Erfindung: Sklaven wurden in China, in Indien, im antiken Griechenland und Rom und bei amerikanischen Indianern gehalten; auch die russischen Leibeigenen waren nichts anderes. Auch der Sklavenhandel in Afrika hatte eine alte Tradition: Islamische Handelskarawanen (mehr) handelten mit (vor allem weiblichen) Sklaven, und auch in Afrika selbst wurden Sklaven gehalten (850). Den Überseehandel mit afrikanischen Sklaven begründeten 1441 die Portugiesen, die Sklaven nach Portugal, auf Madeira und auf die Kanarischen Inseln brachten, wo sie Zucker anbauten. Der Erfolg lockte Nachahmer, und 1534 begann der transatlantische Sklavenhandel (mit einem Schiff nach Brasilien). Bald stiegen auch die Engländer und andere Nationen in den profitablen Handel (852) ein. Über die Zahl der Sklaven, die von Afrika vor allem nach Brasilien und in die Karibik, aber auch in andere lateinamerikanische Regionen und die südlichen Staaten Nordamerikas verschleppt wurden, besteht keine Einigkeit. Alleine nach Brasilien wurden etwa fünf Millionen Menschen verschleppt; insgesamt waren es mindestens zehn Millionen. Dazu kommen viele Millionen junge Männer, die in Afrika beim Sklavenfang starben, bevor sie die Küste erreichten oder die die Überfahrt nicht überlebten. Die Bedingungen auf den Sklavenschiffen, wo die Sklaven oft dicht gepfercht unter Deck angekettet waren, waren unsäglich – man erkannte Sklavenschiffe schon vom weitem an ihrem Gestank. Auf manchen Schiffen starb jeder dritte während der Überfahrt, im Durchschnitt jeder fünfte.

Der Sklavenhandel konnte auch deshalb so lange blühen, weil er in Afrika willige Helfer hatte: Sklaven an die Europäer zu verkaufen, war ein lukrativer Weg, Kriegsgefangene loszuwerden. Daneben entwickelte sich ein ganz eigenes "Unternehmertum" – mit einem Pferd und einem Gewehr konnte man reich werden, wenn man nur genug Menschen für den Sklavenhandel fing – wobei es sich gut traf, dass die Europäer Männer bevorzugten, während die Afrikaner lieber Frauen behielten, die traditionell die Feldarbeit machten. Noch heute wissen viele Afrikaner genau, wer früher einmal Sklavenhalter und wer Sklave war. (Welche Auswirkungen die mit dem Sklavenhandel geförderte Gewaltkultur und das Fehlen junger Männer in der Landwirtschaft und im Handwerk für die Entwicklung afrikanischer Gesellschaften hatte, kann man sich schwer vorstellen, es ist entsprechend umstritten.) Wer die Überfahrt überlebte, musste in den Minen oder – zwei Drittel aller Sklaven – in den Zuckerrohrplantagen arbeiten. Den Plantagenbesitzern und ihren Aufsehern galten schwarze Sklaven wenig mehr als Tiere – "kaufen ist billiger als züchten" war das Motto der Pflanzer; die hohe Sterblichkeitsrate der Sklaven sagt alles über ihre Behandlung. Die Zuckerrohrplantagen hatten Zucker für Millionen erschwinglich gemacht, allein der Wert der Zuckerimporte aus Jamaika nach England etwa lag Mitte des 18. Jahrhunderts um ein Mehrfaches höher als der Import aus allen Kolonien in Nordamerika zusammen. Dieser Reichtum sprudelte aber nur dank der Sklaverei. Der Bedarf an "Nachschub" ließ einen lukrativen Dreieckshandel entstehen: afrikanische Sklaven wurden in die Karibik und die USA verkauft; Zucker und Baumwolle von dort in Europa, und von hier aus europäische Waren und Schnaps für den Tausch gegen Sklaven. Die Sklavenhaltung galt ohnehin den meisten Menschen als unvermeidlich; im 18. Jahrhundert lebte etwa ein Viertel der Menschheit als Sklave oder Leibeigener. (Erst Ende des 18. Jahrhundert kam im Gefolge der Aufklärung die Idee allgemeiner Menschenrechte auf, und es gab erste Stimmen gegen die Sklaverei. 1787 wurde in England die "Gesellschaft zur Abschaffung des Sklavenhandels" gegründet.)

Brasiliens freie Sklavenrepubliken

Immer wieder gelang es Sklaven, ihren Haltern zu entwischen und in abgelegenen Regionen eigene Gemeinschaften aufzubauen. Die meisten gab es dort, wo es auch die meisten Sklaven gab: in Brasilien. Noch heute berühmt ist der quilombo (wie diese Gemeinschaften in Brasilien heißen) von Palmares, den eine entflohene angolanische Prinzessin namens Aqualtune in der Serra da Barriga im Bundesstaat Alagoas gegründet haben soll. Anfang des 17. Jahrhunderts lebten hier 30.000 Menschen, so viele wie im britischen Nordamerika. Erst 1694 konnten die Portugiesen Palmares besiegen. Viele quilombos im Amazonasgebiet haben aber – lange von den weißen Brasilianern unbemerkt – bis heute überlebt; und erst seit ihnen die brasilianische Verfassung 1988 Landrechte garantierte, werden sie offiziell erfasst. Bisher wurden rund 1.700 anerkannt, insgesamt wird ihre Anzahl auf über 5.000 geschätzt. Sie leben auf einer Fläche von 300.000 Quadratkilometern, weshalb Minengesellschaften und Plantagenbesitzer versuchen, ihren Anspruch auf Land zu bestreiten, wo es nur geht; und auch viele Umweltschützer sind unglücklich über große Flächen im Regenwald, die nun den quilombos gehören.

(Wie es weiterging mit der Sklaverei, steht hier.)

Russlands Ausdehnung

Der Moskauer Großfürst Iwan III. ("der Große") hatte in der zweiten Hälf­te des 15. Jahrhunderts nicht nur die Mongolenherrschaft abschütteln können; sondern sahen sich in Anlehnung an die Ausrufung Moskaus als "Drittes Rom" durch russische Geistliche als Nach­folger der byzantinischen Kaiser. 1547 ließ sich Iwan IV. (auf Anregung des Metropoliten Makarij) nach byzantini­schem Zeremoniell zum ersten Zar (= Caesar) krönen. Unter seiner Herrschaft begann die Unterwerfung weiter Teile des einstigen Mongolen­reichs, von dem sich schon seit 1430 verschiedene Khanate (darunter Krim, Kasan, Astrachan) abgespalten hatten. Von ihnen gingen jedoch weiterhin Angriffe aus, die eine weiter nach Süden ausgreifende Ansiedlung von Bauern verhinderten. Nachdem es nicht gelang, von Moskau abhängige Khane einzusetzen, eroberte Moskau 1552 das Khanat Kasan. Die männlichen Einwohner der Hauptstadt Kasan wurden getötet oder vertrieben, die Moscheen zerstört. 1554 eroberte er das Khanat Astrachan und setzte einen Vasallenkhan ein, der im jedoch die Gefolgschaft verweigerte – 1556 folgte daher die Annektion des Khanats. Damit war Iwan IV. der Herr über den Wolga-Handelsweg und gewann somit einen Zugang zum Kaspischen Meer – was ihm den Zugang zu den Handelsrouten nach Persien und Zentralasien eröffnete. Russische Kaufleute spielten von Astrachan aus eine zunehmende Rolle im zentralasiatischen Karawanenhandel. Russland eroberte aber auch erstmals ein Staatswesen mit islami­scher Hochkultur, das niemals zur Rus' gehört hatte. Vertreibungen - wie etwa in Spanien nach der Rück­eroberung - gab es nicht, dafür lag dem Zaren "zu viel an Untertanen und Steuern" [880]. Das machte das Moskauer Großfürstentum zu einem multireli­giösen Vielvölkerstaat.

Mitte des 16. Jahrhunderts gab Zar Iwan IV. zudem der Handelsfamilie Stroga­now das alleinige Handelsrecht in Sibirien, wo es vor allem Pelze zu holen gab: Damit begann die koloniale Erschließung dieser Region, in der eine halbe Millionen Menschen mit etwa 100 verschiedenen Sprachen lebten. Die Stroganows verpflichteten hierzu kampferprobte Kosaken aus der süd­russischen und ukrainischen Steppe. 1582 eroberte der Kosakenführers Jermak Timofeje­witsch das Khanat Sibir, von dort aus drangen sie immer weiter nach Osten vor, wo Zobel­pelze warteten. 1639 erreichten sie den Pazifik; 1647 wurde der Stützpunkt Ochotsk gegründet. Im Jahr darauf um­schiffte der Kosak Semjon Deschnjow die Ostspitze Sibiriens – und durchfuhr als erster Europäer die Meeresstraße zwischen Asien und Amerika. Die ein­heimischen Völker wie die Tschuktschen und Korjaken leisteten den Russen teils erbitterten Wider­stand, waren aber militärisch unterlegen und wurden zudem auch durch Seuchen und Epidemien dezimiert – einige wurden nahezu ausgerottet. 1652 trafen die Russen am Amur auf Chinesen, und nach einigen Zusammenstößen wurde 1689 die russisch-chinesische Grenze festgelegt. Russland musste auf den Amur ver­zichten. Die eroberten (aber weiterhin schwer zu kontrollieren­den nomadi­schen) sibirischen Ureinwohner mussten Tribut in Form von Pelzen zahlen, im 17. Jahrhundert deckten die Pelzeinkünfte knapp ein Zehntel des Haushalts des Kreml. Als die Pelztiere selten wurden, überquerten auch russische Jäger die Beringstraße: Etwa ab 1730 jagten sie auch in Alaska, 1810 erreichten sie das nördliche Kalifornien – hier trafen die russische und die englisch/ französische Pelzjagd zusammen.

Die andere Seite der Welt: Neuguinea und Australien

Neuguinea und Australien wurden um 1.600 v. Chr. (Neuguinea) bzw. 1.500 v. Chr. (Australien) von austronesischen Seefahrern erreicht, die Hunde, Schweine und Hühner mitbrachten. Seither bestand ein regelmäßiger Kontakt mit in Indonesien angesiedelten Völkern, und im Tausch gegen Gewürze und Federn erhielten die Einwohner asiatische Waren bis hin zu chinesischem Porzellan. Mit dem Eintreffen der Portugiesen im Jahr 1511 auf den Molukken änderten sich aber alle hier möglicherweise bestehenden politischen Beziehungen. Neuguinea wurde 1526 von den Portugiesen „entdeckt“, aber erst ab 1880 von Europäern besiedelt: Malaria und andere Tropenkrankheiten verhinderten zunächst eine dauerhafte Ansiedelung. Dann erwarb Holland den Westen, Großbritannien und das deutsche Reich den Osten. Der östliche Teil ist heute Kern des unabhängigen Staates Papua-Neuguinea, der Westteil wurde 1963 von Indonesien annektiert. Bis heute versuchen die Ureinwohner, als Westpapua die Unabhängigkeit zu erreichen.

Im Jahr 1606 wurde Australien von den Europäern (dem Holländer Willem Jansz) entdeckt, ist aber wieder in Vergessenheit geraten. Als James Cook 1768 bis 1771 auf einer großen wissenschaftlichen Expedition nach Tahiti segelte (er sollte die Dauer eines Venusdurchgangs auf der Südhalbkugel messen, und in Tahiti erhoffte man einen wolkenlosen Himmel – mit der an verschiedenen Orten gemessenen Dauer wollten die Astronomen der britischen Royal Society die Entfernung der Sonne von der Erde berechnen), hatte er noch einen zweiten Auftrag: Er sollte endlich den Südkontinent finden, der die Landmassen des Nordens ausbalancieren musste – eine Notwendigkeit, an die viele damals fest glaubte. Cook glaubte selber nicht an diesen Kontinent – als erfahrenem Seemann sagte ihm die kräftige Dünung, dass im Süden nur Meer zu finden sein würde. Als er soweit nach Süden gesegelt war, wie befohlen, drehte er nach Westen ab, um das im Jahr 1642 von dem Holländer Abel Tasman entdeckte Neuseeland zu kartieren. Cooks Karte war so gut, dass sie noch 200 Jahre später verwendet wurde; zunächst half sie den Wal- und Roggenfängern, die sich auf Neuseeland ansiedelten. Die Ureinwohner, die Maori, galten als sehr kriegerisch, handelten aber mit den Einwanderern, von denen eine ganze Reihe bald sogar unter den Maori lebten.

James Cook segelt aber nach Australien weiter und nahm es 1770 formell für die britische Krone in Besitz. Er kartierte die Ostküste, und als Cook nach fast drei Jahren nach England zurückkehrte, setzen seine Karten den Standard für zukünfige Expeditionen. 1772 startet Cook seine zweite Reise, und diesmal hat er einen Chronometer dabei, mit dem er den Längengrad bei jedem Wetter genau bestimmen konnte – der Chronometer zeigte die Zeit an seinem Heimatort an, der Vergleich mit der Ortszeit zeigte, wie weit er sich nach Westen oder Osten von diesem entfernt hatte. Damit wurde die Navigation – und entsprechend die Karten – noch einmal erheblich verbessert, und Cook erstellte eine genaue Karte der Südhalbkugel der Erde. Die Besiedelung Australiens begann 1788 mit der Einrichtung einer Sträflingskolonie (mehr); James Cook startete 1776 noch eine dritte Expedition, auf der er die Nordwestpassage (den Seeweg zum Pazifik nördlich des amerikanischen Kontinents) suchen und kartieren sollte. Auf dieser Tour entdeckte er Hawaii, wo er 1779 nach einem Streit von Einheimischen erstochen wurde.

(Die Nordwestpassage sollte erst 1903 – 1906 von dem norwegischen Polarforscher Roald Amundsen komplett per Schiff durchfahren werden. Ein von Amundsen geleitetes Team war es auch, das 1911 als erste Menschen den Südpol erreichte (wer als erster den Nordpol erreichte, ist umstritten, vermutlich war dies 1909 der amerikanische Polarforscher Robert Peary); und Amundsen entdeckte 1918 bis 1920 auch noch die Nordostpassage, den Seeweg um Sibirien herum. Die “Entdeckung” der weißen Flecken auf der Erde wurde mit der Erstbesteigung des höchsten Berges der Erde, des Mount Everest, durch Edmund Hillary und Tenzing Norgay im Jahr 1953 abgeschlossen.)

Weiter mit:

Die militärischen Entwicklungen, die den Europäern geholfen hatten, ihrer zahlenmäßigen Unterlegenheit zum Trotz die Reiche der Azteken und Inka zu erobern und sich in Asien zu halten, gingen weiter; neue Früchte und globaler Handel veränderten das Leben; die Umwälzungen veränderten auch die Gedanken der Menschen – überall auf der Erde begann eine neue Zeit:
Die erste Globalisierung (1500 bis 1800)

© Jürgen Paeger 2006 – 2022

Mit dem Jakobs­stab ließ sich die Breite auf eine nautische Meile (1,852 km) genau bestimmen, eine Größenordnung besser als mit dem Astrolabium.

Jakobsstab
Jakobsstab: Der Querstab wird verschoben, bis er Sonne und Horizont gerade überdeckt. Eine Skala auf dem Stab zeigt den Einfallswinkel der Sonne an. Da die Sonne in höheren Breiten tiefer über dem Horizont steht, lässt sich daraus der Breitengrad berechnen. Eigene Abb., verändert nach wikipedia, Jakobsstab, abgerufen 14.3.2010. Lizenz: GNU 1.2

Nachfolger des Jakobsstabes ist der Sextant.

Dschunken sind die traditionellen chinesischen Segelschiffe mit flachem Boden und mit Bambuslatten versehenen, meist vier- oder fünfeckigen Segeln. Die Daus mit ihren Trapezsegeln sind im Indischen Ozean weitverbreitet.

Die Krankheiten der Europäer waren aus zwei Gründen in der Karibik und Amerika so katastrophal: Zum einen hatten sich die Europäer in den Jahrtausenden des Zusammenlebens mit Haustieren an deren Krankheiten ange­passt (mehr), zum anderen geht die Bevölkerung Amerikas auf wenige Einwan­derer zurück, war also genetisch sehr gleichartig.

Die Piraten, die in der Karibik lebten, fanden ihren Proviant im Meer und auf den Inseln: Beliebt waren etwa Meeresschildkröten, die – auf den Rücken gedreht – lange an Bord überlebten. Die einst Millionen Schildkröten sind dadurch selten geworden. Auch in der Karibik führte die Besiedelung zum Verschwinden der Megafauna.

Der afrikanische Sklavenhandel in die Neue Welt begann an der Westküste, im heutigen Senegal und Ghana, dehnte sich bald bis ins heutige Angola aus und erfasste ab dem 18. Jahrhundert von Mozambique ausgehend auch die Ostküste.

Er betraf etwa zehn Mal so viele Menschen wie der Sklavenhandel durch die Sahara, das Rote Meer und den Indischen Ozean.

Zur Bestimmung des Brei­tengrades benutzt James Cook ein neues Instru­ment: den Sextanten. Er ist einfacher zu bedienen als der ältere Jakobsstab.


Sextant: Über den oberen Spiegel und einen zweiten, halbdurchlässigen Spiegel kann der Beobachter Horizont und Mittagsonnen zugleich anvisieren und auf einer Skala den Einfallswinkel der Sonne ablesen. Eigene Abb., verändert nach Joaquim Alves Gaspar, aus wikipedia, Sextant, abgerufen 14.3.2010, Lizenz: cc 2.5.